Archiv für die Kategorie „Technik & Standardisierung“
Netzneutralität, aber klar?
Der Bundestag debattierte vor einigen Tagen auf Antrag der Grünen und der Linken mal wieder über das Thema Netzneutralität. Was ist das? Web Erfinder Tim Berners Lee definiert es so: „Wenn ich für meinen Internetzugang in einer bestimmten Qualität bezahle und jemand anders zahlt für die gleiche oder eine bessere Qualität, dann können wir mit dieser Qualität kommunizieren.“
Was so vernünftig klingt, ist in den USA inzwischen umstritten. So halten es einige ISPs für ihr gutes Recht, bestimmte Angebote, an denen sie zum Beispiel beteiligt sind, bevorzugt zu bedienen. So können Sie ihr Netzmanagement einsetzen, um ihre eigenen Geschäftsinteressen zu befördern.
Wie sieht es die deutsche Politik? Grüne und Linke wollen Netzneutralität gesetzlich festschreiben und durch die Bundesnetzagentur überwachen lassen. Die SPD möchte die Ergebnisse der im Frühjahr 2010 eingerichteten Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ abwarten. Sie möchte Netzneutralität dann im Telekommunikationsgesetz (TKG) verankert sehen. Die CDU identifiziert sich mit dem Ziel der Netzneutralität, sieht diese aber im Moment nicht bedroht. Auch die FDP spricht sich gegen eine gesetzliche Regulierung aus. Beide Parteien erwarten, dass der Markt es regeln wird.
Ebenfalls zum Thema ist das folgende Statement von ISOC International.
INET in Frankfurt ein Erfolg
Wie bereits angekündigt fand an 23. Februar die INET Konferenz von ISOC und ISOC.DE in Frankfurt statt. Hans Peter Dittler, Vorstandsvorsitzender ISOC.DE und Frederic Donck, Leiter des Europa-Büros der Internet Society begrüßten etwa siebzig Teilnehmer, die sich im Intercontinental eingefunden hatten.
Auf der Konferenz standen „Gefahren, Herausforderungen und Chancen des Internet“ im Mittelpunkt. Im ersten Block ging es hauptsächlich um die Wechselwirkungen Internet/Politik/Gesellschaft. Rick Falkvinge von der Schwedischen Piratenpartei stellte in seinem Vortrag die These auf, dass die Herausforderungen für das Internet der Zukunft eher gesellschaftlich/politischer als technischer Natur seien. Ein offenes und transparentes Internet würde auch mehr Transparenz in der Politik schaffen, was von dieser nicht immer gewünscht sei. Sabine Dolderer, Vorstandsmitglied von DENIC, erinnerte daran, dass das Internet mittlerweile global sei. Sie schilderte die Mühen, das Domain Name System, dieser Tatsache dadurch anzupassen, dass man Domainnamen in allen wichtigen Schriften und Sprachen unterstützt. Diesen Beitrag weiterlesen »
DIN 66274 schafft mehr Klarheit bei Internetzugängen
An immer mehr Plätzen findet man heute Internetzugänge. Zuhause, im Betrieb aber auch in Hotels, Gaststätten und Flughäfen werden solche Zugänge mit wechselndem Funktionsumfang und Zugangstechniken angeboten. Für den Benutzer wird es immer schwieriger, sich in dem Wust von Angeboten zurecht zu finden. Jeder Provider behauptet wortreich, dass er „Internet“ anbietet, und preist die Vorzüge seines Angebots mit einem Wust an verwirrenden Begriffen an.
Der Sonderausschuss NA 043 BR-02 SO „Internet-Zugänge – Begriffe und Klassifikation“ des DIN hat sich dieses Problems in der Norm DIN 66274 angenommen. Sie gibt eine abstrakte Darstellung der Funktionselemente von Internet-Zugängen und deren Zusammenspiel, um dem Benutzer zu erlauben einen für seine Anforderungen geeigneten Internet-Zugang auszuwählen. Im ersten Teil der Norm (DIN 66274-1, seit 2008 verfügbar) werden grundlegende Begriffe zum Thema Internet-Zugang festgelegt. Basierend hierauf wird in einem weiteren Teil (DIN 66274-2, noch in Arbeit) eine Klassifikation von Internet-Zugängen vorgenommen. Unterschiedlichen Klassen werden technische Merkmale und Mindestanforderungen geordnet. Hieraus ergibt sich ein System aus Leistungs- bzw. Funktionsklassen.
ISOC.DE arbeitet im NA 043 BR-02 SO mit und ist an der Erstellung der Norm beteiligt.
Deutsch-Österreichisches W3C Büro eröffnet bei der DFKI
Das Deutsch-Österreichische Büro des World Wide Web Consortuims (W3C) ist umgezogen. Nach fast 2 Jahren an der Fachhochschule Potsdam wird das Büro künftig beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) geführt. Aus diesem Anlass veranstalten W3C und DFKI am 10.2.2011 eine Konferenz in Berlin. Als Sprecher werden u.a. Prof. Dr. Wolfgang Wahlster (Vorsitzender der Geschäftsführung DFKI) und Dr. Jeff Jaffe (CEO W3C) erwartet.
ISOC unterstützt W3C bei der Erarbeitung offener Standards für das WWW mit 2,5Mio US$ in den Jahren 2009-2011. Mehr zu W3C und ISOC.
Top, Flop oder Bauernfängerei?
Seit letztem Freitag steht er zum Download bereit: X-Pire, der Radiergummi fürs Internet – naja ein erster Schritt dazu. Aber schon das Bild vom Radiergummi ist schief: im Internet sind weniger die nicht mehr geliebten Dokumente das Problem sondern die Kopien! „Digitaler Radiergummi“ ist ein Begriff, den die Politik – in diesem Fall Bundesinnenminister Thomas de Maizière – medienwirksam erfunden hat.
Aber das ist den Autoren unter Leitung von Prof. Dr. Michael Backes, dem Projektleiter von X-Pire, natürlich auch klar. Und so ist X-Pire eher ein Selbstvernichtungsmechanismus. Die Idee: alle mit einem Verfallsdatum versehenen Dokumente werden so verschlüsselt, dass sie nur gemeinsam mit ihrem Schlüssel geöffnet werden können. Wird das Dokument kopiert, so benötigt auch die Kopie den Schlüssel. Am vereinbarten Datum wird der Schlüssel vernichtet – und weder das Dokument noch seine Kopien können weiter gelesen werden. So weit das Konzept.
Nicht unerheblich allerdings was Kritiker anmerken – und die technisch orientierte Presse ist überwiegend kritisch:
- die Annahme, dass Kopien verschlüsselt sind, ist eher wirklichkeitsfremd. Ein simpler screen shot reicht zum anfertigen einer unverschlüsselten Kopie,
- die Bilder, die die Privatsphäre bedrohen – ausgelutschtes Beispiel: alte Partybilder auf Facebook – , haben meist andere aufgenommen und ins Netz gestellt. X-pire attackiert also ein Problem, das so kaum existiert,
- der Schlüssel ist unzureichend gegen kopieren geschützt,
- der Zugriff auf den Schlüssel legt eine neue – eigentlich überflüssige – Datenspur im Internet,
- das zum Schutz vor automatischem Schlüsselkopieren eingesetzte Captcha-Verfahren behindert im wesentlichen den Benutzer und nicht wirklich den Angreifer,
- …
So bewegen sich die Beurteilungen zwischen „Höchster Datenschutz made in Deutschland“ (Aigner) und „Zum Vergessen“ (Kontrapunkt auf Netzpolitik.org). Während Hartmut Danisch in einem recht breiten Artikel das Verfahren akribisch seziert, ist Andy Müller-Maghun vom Chaos Computer Club ironisch distanziert staatsmännisch: „Ich möchte nur ungern eine technische Lösung abnicken, die bei Leuten nicht greift, die es nicht gut meinen.“
Auf jeden Fall ist Prof. Backes eins gelungen: er hat reichlich Aufmerksamkeit erregt. Und immerhin hat sich inzwischen die Scheer Group GmbH an der X-pire GmbH beteiligt Ob das alles reicht, um auch nur einen kleinen Teil der „99 Prozent der Bevölkerung“, für die das Produkt laut Backes sinnvoll ist, zu überzeugen, ist fraglich. Immerhin will die Firma X-Pire für die Nutzung stolze 24€(-1¢) pro Jahr.