Archiv für die Kategorie „Technik & Standardisierung“
Totgesagte leben länger: Zwangsrouter
Im Koalitionsvertrag ist es auf Seite 49 vereinbart: „Wir wollen eine gesetzliche Klarstellung für den Netzzugang von Telekommunikationsanbietern. Nutzerinnen und Nutzer müssen die freie Auswahl an Routern behalten.“
In einem alten, von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Entwurf zur Transparenzverordnung wurde der Provider noch verpflichtet zu einem „Hinweis auf die Austauschbarkeit des Netzabschlussgeräts mit frei am Markt verkäuflichen Geräten“. Ein neuer Entwurf der Transparenzverordnung der Bundesnetzagentur verpflichtet die Provider statt dessen zu einem „Hinweis, sofern das integrierte Zugangsgerät vom Kunden nicht ausgetauscht werden darf.“ Begründung: solange es keine gesetzliche Regelung gebe, sei es Sache des Providers, festzulegen wo sein Netz endet – also ob vor oder hinter dem Router. Das erzeugte viel berechtigten Protest der Internet Nutzer.
Das BMWi teilt die rechtliche Auffassung der Netzagentur. Zugleich hat das BMWi aber bestätigt, 2015 einen Gesetzentwurf zur Änderung des TKG vorlegen zu wollen. Damit soll dann ‚Routerzwang‘ abgeschafft — also verboten — werden.
Dank der Vorarbeit vieler Standardorganisationen, insbesondere der IETF und IEEE ist ein Routerzwang vollkommen überflüssig. Er pervertiert vor allem die Idee eines freien Internet. Internet ist das Netz der Netze. Wenn jemand sein LAN mit dem Netz eines Providers verbinden will, braucht er oder sie dafür im LAN einen Router dessen Ausgang der Gateway zum Netz des Providers bildet. Schreibt der Provider nun den Router vor und kontrolliert er dessen Konfiguration in weitem Umfang, greift er damit dreist in das Netz des Benutzers ein. Hoffen wir also, dass der Gesetzgeber es schafft, dem in 2015 einen Riegel vorzuschieben.
.ruhr und .berlin – Neue Top-Level-Domains in DE
Vor 27 Jahren am 05. November 1986 wurde die deutsche Top-Level-Domain .de in den weltweit zentralen Root-Server bei einer Vorgängerorganisation der späteren ICANN-Unterorganisation IANA (die 1990 etabliert wurde) eingetragen. Mit heute gut 15,6 Millionen registrierter Domains ist .de die erfolgreichste Länder-Domain-Endung, auch dank eines nachhaltig ausgerichteten rein privatwirtschaftlichen Betriebs durch die DENIC e.G., und ohne Aufsicht durch Regulierungsbehörden. Für Deutschland hatte .de damit bis heute eine Monopolstellung.
Dies ändert sich nun: Ab dem 21. Januar 2014 werden Domains unter .ruhr und ab dem 14. Februar 2014 unter .berlin registrierbar sein. Weitere neue Top-Level-Domains mit einer deutsch-sprachigen Zielgruppe wie .bayern, .hamburg, .jetzt, .kaufen, .koeln, .nrw, .reise, .reisen, .saarland, .schule und .versicherung werden in den kommenden Monaten die Pforten für Domain-Registrierungen öffnen.
Mit http://nic.berlin und http://nic.ruhr sind die ersten neuen Domains mittlerweile online und schreiben damit die Geschichte des Internets in Deutschland weiter.
Trittbrettfahren – Made in Germany
Wie kommt man im Sommerloch in die Schlagzeilen, wenn man eigentlich
wenig zu bieten hat? Irgendwie läßt sich doch sicher im Windschatten
des „NSA-Skandals“ noch etwas für die eigenen Produkte herausschlagen.
Gesagt – getan. Mit ein paar Phrasen über „Sicherheit“ und
„strenge deutsche Datenschutzstandards“ zaubert man den Slogan
„E-Mail made in Germany“
und verkauft das ganze als innovative Glanzleistung.
Bereits im Jahr 2009 hatte eine größere Gruppe von Sicherheits-
und Privacy-Fachleuten Google aufgefordert, TLS-gesicherten
Zugang zu seinen Diensten zum Standard zu machen. Insofern ist es sicher zu begrüßen,
daß nur vier Jahre später die großen der deutschen IT-Branche nachziehen. Made in Germany.
Allerdings läßt der „Standort Deutschland“ das G10-Gesetz genauso außer acht
wie die Quellen-TKü. Daneben darf die vermeintliche Re-Territorialisierung des
Internet vor allem im europäischen Kontext wundern. Oder wie möchten Sie künftig
mit Ihren Freunden innerhalb der EU kommunizieren? Diesen Beitrag weiterlesen »
87. IETF in Berlin
Genau 16 Jahre sind vergangen, seit die IETF zum letzten Mal Deutschland besucht hat. Seit gestern treffen die bisher nahezu 1500 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus fast 90 Ländern ein und haben heute mit ihrer Arbeit begonnen. Die Zahl der Teilnehmer übertrifft alle IETF-Meetings der letzten acht Jahre und bei den Herkunftsländern der Teilnehemer stellt diese IETF einen neuen Rekord auf. – Berlin ist anscheinend auch für Techniker ein interessantes Reiseziel –
Ein Auflisten der einzelnen Arbeitsgruppen oder der zu behandelnden Dokumente in den Arbeitssitzungen der nächsten Tage würde diesen Beitrag sprengen. Die Entwicklung des Internet und der dazu notwendigen Protokolle ist noch lange nicht beendet, gerade im Bereich der Sicherheit und beim Schutz persönlicher Daten warten noch viele offene Fragen auf Antwort. Die Woche in Belin ist angefüllt mit Arbeitstreffen, wer sich für da Programm interessiert oder sich noch schnell anmelden will, findet Einzelheiten unter www.ietf.org.
Besonders erfreulich ist die große Zahl an Erstbesuchern aus Deutschland, von denen hoffentlich einige sich auch zu einer dauerhaften Mitarbeit bei der Protokollentwicklung im Rahmen der IETF entschließen.
Netzneutralität und die neuen DSL-Tarife der Telekom AG
Es verletzt keineswegs die Netzneutralität, wenn die Telekom ab einem bestimmten monatlichen Datenvolumen die Übertragungsrate bis nahezu zur Unbrauchbarkeit reduziert. Das ist ihr gutes Recht, es ist auch keineswegs unfair, denn für mehr Verbrauch mehr zu berechnen, ist eine gängige und akzeptable Praxis.
Tim Berners Lee, der Erfinder des World Wide Web, hat Netzneutralität einmal so definiert: „If I pay to connect to the Net with a certain quality of service, and you pay to connect with that or greater quality of service, then we can communicate at that level.“ („Wenn ich zahle, um mich mit dem Netz mit einer gewissen Qualität des Dienstes zu verbinden, und Du zahlst, um Dich mit der gleichen oder einer besseren Qualität des Dienstes zu verbinden, dann können wir mit dieser Qualität kommunizieren.“). Netzneutralität heißt also, dass, nachdem eine Qualität vereinbart ist, es keine Rolle mehr spielt, wer mit wem – oder welchem Dienst – kommuniziert; das Netz sollte bezüglich der vereinbarten Dienstgüte neutral sein. Ist das bei den neuen DSL-Tarifen der Telekom der Fall? Diesen Beitrag weiterlesen »